Porträt Wencke Gutreise (Gesundheitscoach)

Selbständig ja, Kinder noch keine – warum Diplom-Psychologin Wencke Gutreise trotzdem hervorragend in unsere Porträtserie passt, welche Veränderungen bei ihr anstehen, was sich hinter IDEAL IST ICH verbirgt und was sie Selbständigen und Eltern gleichermaßen mit auf den Weg gibt, lest ihr im folgenden Interview. Und wenn ihr sie live erleben wollt – beim nächsten parentrepreneurs-Netzwerktreffen am 6. Juli im D16 in Heidelberg, gibt sie von 10 bis 12 Uhr Tipps und Einblicke, wie Sport, Meditation und Psychologie zu mehr Balance im Alltag führen.

Als erstes ein paar Fragen zu Dir: Wer bist du? Was machst du beruflich? Wer gehört alles zu deiner Familie?

Wer ich bin? Hm, das ist eine spannende Frage: Ich wäre gerne eine Fee, die glitzernde Leichtigkeit und Liebe versprüht. Da ich allerdings als Mensch geboren wurde, versuche ich meinem Feen-Wunsch so nahe wie möglich zu kommen und bin unter anderem daran interessiert, das Leben und die Liebe in meinem Leben willkommen zu heißen und anderen Wesen liebevoll zu begegnen. Das heißt, mich interessieren Themen, die das Leben des Einzelnen (meines natürlich inbegriffen) und uns als Gemeinschaft oder Gesellschaft erleichtern.

Für mein Leben sind Sport, Meditation, Ausflüge in die Natur und der Austausch mit anderen Menschen die Aspekte, die mein Leben bereichern.

Beruflich unterstütze ich Menschen dabei, liebevoll mit sich und anderen umzugehen und Raum für ihre Ideale in ihr Leben zu integrieren. Ich schaue mir an, welche Ideale die Menschen haben und helfe dabei, den Alltag Stück für Stück daran anzupassen. Das ist recht vielseitig und führt unweigerlich zu Themen wie Kommunikation, Gesundheit, Zeitmanagement, Motivation, Abgrenzung und innere Haltung bzw. Selbstwertfragen.

Zu meiner Familie gehören mein liebevoller wunderbarer Mann, der mich nicht nur darin unterstützt, dass er nach der Arbeit für mich kocht, sondern der mir auch organisatorisch immer wieder das ein oder andere abnimmt oder mit mir optimiert. Meine Eltern, die mich schon mein ganzes Leben in allem, was ich mache unterstützen, beraten und auch mal konstruktiv kritisieren. Mein Bruder mit seiner zauberhaften Frau und deren kleine lebensfrohe Tochter. Meine beste Freundin und meine Schwiegerfamilie gehören ebenso zu meiner Familie und der alte Pudel meiner Eltern.

Warum bist du selbstständig? Gab es einen Anlass? Wie war dein beruflicher Werdegang?

Ich bin selbstständig, da ich es sehr schätze, mir meine Zeit selbst einteilen und die Prioritäten selbst setzen zu können. Ich empfand es im Angestelltendasein oft als lästig, manchmal Zeit absitzen zu müssen, wenn gerade Leerlauf war und dann Überstunden zu machen, wenn mal mehr Arbeit als Arbeitszeit vorhanden war. Jetzt finde ich es viel angenehmer, die Leerlaufzeiten auch als solche nutzen zu können. Mein beruflicher Werdegang war recht straight. Ich habe nach dem Abitur Psychologie studiert und mir während des Studiums meine Brötchen in der Säuglingsforschung verdient. Nach dem Studium habe ich ein paar Jahre in der neuropsychologischen Forschung gearbeitet und in Projekten gearbeitet, die sich mit Depression, Stress und der Auswirkung auf die Hirnfunktion beschäftigten und damit, wie sich gesundes Altern im Gehirn auswirkt, wenn man das Kurzzeitgedächtnis oder das Langzeitgedächtnis beansprucht und welche Hirnareale sich in der Funktion aber auch in der Struktur verändern. Daneben habe ich die 5-jährige Weiterbildung zur Verhaltenstherapeutin absolviert und mit dem Staatsexamen beendet. Kurz danach bekam ich die Möglichkeit als Schwangerschaftsvertretung in einer ambulanten Praxis zu arbeiten. Das war ein wenig so, als wäre es meine Praxis, nur, dass es nicht meine war. Und nach 3 Jahren habe ich mich dann in meiner eigenen Praxis niedergelassen.

Da es mir fehlte, präventiv zu arbeiten und ich die positiven Effekte von Bewegung und Sport auf die Psyche nicht wirklich in meine Arbeit integrieren konnte, habe ich im April 2017 noch ein Kleinunternehmen mit dem Namen IDEAL IST ICH gegründet. Mit  IDEAL IST ICH  habe ich die Möglichkeit, Sport, Meditation und Psychologie zu kombinieren. Ich hatte das Glück, rasch von zwei größeren Unternehmen für Gesundheitsworkshops gebucht zu werden und entdeckte, wie viel Spaß es mir macht, Workshops zu geben und präventiv zu arbeiten.
Schnell kamen mir noch weiter Workshop-Ideen, die umgesetzt werden wollen. Mit der Arbeit in der eigenen Praxis merkte ich allerdings, dass die Zeit zu begrenzt war, um mich beidem zu widmen. So habe ich Ende 2017 den Entschluss gefasst, meinem Herzen zu folgen, die Praxis abzugeben. Ab Juli 2018 werde ich mich voll auf mein kleines Unternehmen und meine neuen Ideen zu konzentrieren. Schauen wir mal, wohin mich das führen wird.

Auch wenn Du noch keine Kinder hast: Was ist für dich Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Ich habe großes Glück und einen wunderbaren Mann, der mich unterstützt, mir in arbeitsintensiveren Phasen auch mehr im Haushalt abnimmt, damit unterm Strich mehr Zeit für uns beide und den Rest der Familie bleibt und mit den Wellen, die das Leben als Selbstständige so mit sich bringt, mit geht. Das ist wirklich hilfreich, dass er so flexibel mitzieht und ebenso kann ich auf den Rest meiner Familie bauen.

Davon abgesehen habe ich regelmäßig fixe Uhrzeiten, ab wann ich sozusagen offline bin und meinen Fokus auf mein Privatleben richte. Gerade als Freiberufler und vor allem in der Startphase gleicht die To-Do-Liste einer Hydra: Gefühlt folgen jeder erledigten Aufgabe sieben neue. So kann es leicht passieren, dass man aus der Balance kommt und das Familienleben leidet. Regelmäßige Auszeiten und Absprachen, wer wann was erledigt sind da Gold wert und das Vertrauen, dass Absprachen auch eingehalten werden bzw. dass man im Notfall auch improvisieren kann. Für mich ist diese genannte Auszeit wichtig und wenn ich sie vergesse, erinnert mich meine Familie liebevoll daran. Aber auch das Vertrauen, dass schon irgendwie alles klappen wird, bringt mich immer wieder auf den Teppich zurück.

Welche Tipps hast du für Eltern, die sich selbständig machen wollen? Oder an Selbständige, die Eltern werden?

Aus der Erfahrung meiner bisherigen therapeutischen Arbeit kann ich folgende Tipps geben:

  • Trefft Euch mit anderen Eltern und redet offen miteinander – oft denken Eltern, sie hätten ganz alleine gewisse Sorgen oder Schwierigkeiten. In der Realität allerdings sind das meist Themen, die bei sehr vielen jungen Eltern aufkommen.
  • Gönnt Euch regelmäßige kinderfreie Zeiten nur für Euch oder mit dem Partner und widmet Euch ab und an mal ein paar Momente, in denen es weder um die Kinder noch um die Arbeit geht.
  • Seid milde mit Euch. Das Elterndasein macht vielen ganz deutlich, wie sehr wir im Leben doch stets und ständig dazu lernen und besonders Erfahrung uns Sicherheit gibt. Die Erfahrung allerdings fehlt werdenden Eltern und auch selbstständigen Startups. Das heißt, es kann für beide Bereiche hilfreich sein, sich einzugestehen, dass man „Azubi“ ist und eben erst gewisse Erfahrungen sammelt. Oft erwarten sowohl Eltern als auch Selbstständige von sich, dass sie sofort meisterhaft zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten sämtliche Aufgaben meistern, was auf Dauer einen riesigen Druck aufbauen kann und kaum zu Zufriedenheit führen kann, da in beiden Bereichen immer mal wieder das Prinzip „Versuch und Irrtum“ abläuft und aus Fehlern gelernt wird. Ist der Druck und die Erwartung an die eigene Leistung in beiden Fällen einzeln oder gleichzeitig hoch, besteht die Gefahr, sich zu überfordern, was sowohl für Körper als auch Psyche und die Familie nicht hilfreich ist und schnell in einen Teufelskreis führen kann.

Ich denke, es ist wichtig, sich sowohl für den Bereich Familie als auch für den Bereich „Arbeit“ eine gewisse Fehlertoleranz einzuräumen und ein großes Maß darauf zu vertrauen, dass selbst bei einem Irrtum die Welt nicht untergeht.

Ebenso wichtig kann es sein, sich die Erlaubnis zu geben, um Hilfe zu bitten, sei es um Hilfe bei der Kinderbetreuung oder bei der Bewältigung berufsbedingter Aufgaben. Ich erlebe oft, wie sich sowohl junge Eltern als auch Selbstständige scheuen, sich von anderen helfen zu lassen und aufblühen, sobald sie in einem Bereich Unterstützung zulassen (und sei es nur, dass die Oma mal aufs Kind aufpasst, oder die Unterstützung von Kollegen bei IT-Fragen usw.).

Zusammengefasst rate ich für beide Bereiche sowohl den „Gedulds- wie auch den Gelassenheitsmuskel zu trainieren“ und die ein oder andere Erlaubnis, sich im permanenten Lernmodus zu befinden und eben nicht SOFORT ALLES RICHTIG machen zu MÜSSEN.

Die Wörter in Großbuchstaben würde ich übrigens direkt in den Giftschrank stellen, denn diese sorgen oft ordentlich für Stress – das allerdings ist ein anderes Thema;)

Danke für das Interview, liebe Wencke.

Wer weitere Tipps möchte, wie er/sie „Gelassen und fit durch den parentrepreneurs-Alltag“ kommt, der ist bei unserem nächsten Netzwerktreffen am 6. Juli 2018 von 10.00 – 12.00 Uhr im D16 richtig. Dort erläutert Wencke, wie wichtig innere Ruhe ist, um Familie und Arbeit in Einklang zu bringen und wie Pilates helfen kann, das richtige Verhältnis von Belastungsphasen und Entspannung zu finden. Nach einem kurzen Vortrag gibt es die Möglichkeit ein paar Übungen auszuprobieren.

Ab Oktober gibt es mehr Infos unter www.idealistich.de.