„Wir wollen Lust auf Familie machen”

Wolfgang Schütte, Chef der Heidelberger Dienste, findet, dass in Heidelberg zu wenig für den Nachwuchs und seine Eltern getan wird

Heidelberg hat die Familienoffensive von OB Eckart Würzner, und jetzt endlich auch ein „Bündnis für Familie”. Dieses Netzwerk hat Wolfgang Schütte, Chef der „Heidelberger Dienste”, ein Tochterunternehmen der Stadt, angestoßen – aus beruflichen Gründen und wohl auch aus persönlichen. Immerhin ist der 50-Jährige schon als Student Vater geworden; seine Tochter ist mittlerweile 29, sein Sohn 25 Jahre alt.

Herr Schütte, was haben Sie und die „Heidelberger Dienste” denn mit einem Familienbündnis zu tun?

Gute Frage. Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf rückt bei uns seit einigen Jahren immer stärker in den Vordergrund. Wir kümmern uns nicht mehr nur um schlecht ausgebildete Langzeitarbeitslose. Gut ausgebildete Menschen aus der Mittelschicht und viele Alleinerziehende nehmen unsere Dienstleistungen immer häufiger in Anspruch. Deshalb hatten wir schon vor zwei Jahren das Netzwerk „Neue Chancen für Ein Eltern Familien” mit vielen Partnern gegründet. Familien müssen im Übrigen besondere Herausforderungen bewältigen, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden. Nebenbei bemerkt stört es mich seit geraumer Zeit, dass für Familien zu wenig getan wird.

Warum hat Heidelberg drei Jahre benötigt, um es 380 anderen Kommunen gleichzutun?

In der Stadtverwaltung wurde das Thema nicht energisch betrieben, von außerhalb gab es keine starken Impulse. Mit Eckart Würzner als neuem Oberbürgermeister wurde die Familie jetzt aber auf einmal für viele interessant.

Konkret: Was soll das Heidelberger „Bündnis für Familie” bewirken?

Zunächst einmal wollen wir Lust auf Familie machen. Wir wollen in der öffentlichen Meinung erreichen, dass es nichts Unanständiges ist, wenn man Kinder hat. Daneben benötigen wir unter anderem, flexiblere Öffnungszeiten der Kindertagesstätten, insgesamt mehr Betreuungsplätze, mehr familiengerechte Wohnungen, viel Phantasie und Geld.

Was wollen sie noch erreichen?

Wir benötigen endlich ausreichende Angebote in den Schulferien. Es ist mir einfach unverständlich, warum da in Heidelberg bisher so wenig passiert ist. Das Bündnis soll übrigens auch als Netzwerk ermöglichen, dass Unternehmen, Handwerksbetriebe, Verwaltung, eben alle Partner voneinander lernen können, familienfreundlicher zu werden.Viele Arbeitgeber tun sich da noch schwer, Anspruch und Wirklichkeit unter einen Hut zu bringen. Wir brauchen familiengerechte Arbeitsbedingungen. Das bedeutet vor allem Flexibilität, denn Väter und Mütter müssen schnell reagieren können, wenn beispielsweise der Nachwuchs krank wird. Übrigens: Familienfreundlichkeit ist ein wichtiger Vorteil im Wettbewerb um die klügsten Köpfe, die besten Beschäftigten!

Es gibt ja schon fast 400 lokale Familienbündnisse. Was wurden dort denn bislang für Erfahrungen gemacht?

Wir schauen zunächst nicht auf die anderen Bündnisse, sondern konzentrieren uns auf Heidelberg. Wir haben eine Arbeitsstruktur mit starken Partnern gebildet, entwickeln derzeit 100_Tage_Ziele und wollen bis zum Ende des Jahres konkrete Ergebnisse vorweisen können!

Was haben eigentlich die Kinder von dem Familienbündnis?

Wenn es eine positive Einstellung gegenüber Kindern gibt, dann werden sie nicht mehr als Störfaktoren sondern als Bereicherung wahrgenommen. Wenn Kinder gut betreut sind, dann haben Eltern weniger Stress, das entspannt alle. Außerdem werden wir einmal im Jahr ein großes Fest für Eltern und Kinder machen – mit Action, Trara und viel Klamauk.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung am 25. April 2007 von Götz Münstermann