„Noch sind Kinder in Heidelberg Luxus“

Aber bei einer Podiumsdiskussion mit der Stadt zeigten sich Elternvertreter zufrieden, dass gerade viel von der Verwaltung getan wird

Der Oberbürgermeister ließ sich Zeit. Gut eine halbe Stunde mussten die Diskutanten auf Eckart Würzner warten, ehe die Podiumsdiskussion starten konnte. Der Gesamtelternbeirat aller Heidelberger Kindertagesstätten (GEB) hatte zum Dialog in die Volkshochschule geladen. „Familienfreundliches Heidelberg? – Kinderbetreuung von 0 bis 10 Jahren”, so das Thema des Abends, bei dem sich Sozialbürgermeister Joachim Gerner, die Leiterin des Kinder_ und Jugendamtes, Myriam Feldhaus, der Initiator des Bündnisses für Familie, Wolfgang Schütte, und der OB den Fragen von Moderatorin Marie Ganier Raymond und dem Publikum stellten.

Kaum auf dem Podium angekommen, legte Würzner bereits los. Die Forderung des GEB, in den gemeinderätlichen Gremien nicht nur beratend tätig, sondern auch stimmberechtigt zu sein, sei derzeit rechtlich nicht machbar, da es keinen anerkannten Träger gebe. Gleich hinterher schob er aber: „Ich persönlich würde das gerne durchsetzen, es muss nur eine angemessene Rechtsform gefunden werden.”

Der Gesamtelternbeirat forderte außerdem eine bessere Vernetzung mit der Stadt. „Wir würden sehr gerne auf der Internetseite der Stadt erscheinen”, so Regina Wehrle vom GEB, „damit die Eltern sich einfacher über die verschiedenen Kita Angebote informieren können.” Da dies laut OB Würzner derzeit nicht möglich ist, sprang Wolfgang Schütte vom lokalen Bündnis für Familie in die Bresche. „Bessere Vernetzung ist eines der 100_Tage_Ziele des Bündnisses für Familie”, erklärte er. Bereits Ende August gebe es einen Internetauftritt, bei dem dann auch der Elternbeirat mitwirken könne.

Das Hauptproblem vieler Eltern ist nach wie vor, dass sie Familie und Beruf nicht unter einen Hut bekommen – eben die vielgepriesene Vereinbarkeit nicht funktioniert. Die vielen Mütter und wenigen Väter im Publikum berichteten von den großen Problemen, die ihnen etwa die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten bereiteten. „Selbst eine GanztagsStätte hat ja nur bis 16.30 Uhr geöffnet”, meinte eine aufgebrachte Mutter. „Das ist mit Berufstätigkeit schwer zu vereinbaren, wenn man nicht gerade neben der Kita wohnt.” Die Antwort kam im Handumdrehen. Myriam Feldhaus blieb zwar vage, versprach aber Besserung: „Es wird, was die städtischen Kitas betrifft, definitiv eine Verbesserung bei den Öffnungszeiten geben.” Dies gilt auch für die Grundschulen. Sozialbürgermeister Gerner kündigte an, dass im Laufe des kommenden Jahres alle Heidelberger Grundschulen bis 17 Uhr Betreuungsangebote für Kinder schaffen werden.

In einer lebhaften Diskussion wurden viele Themen angesprochen, letztlich aber wenige zielgerichtet diskutiert. Ob Personalmangel, Schließtage der Kitas, das hohe Gebührenniveau oder die bessere Einbindung des Gesamtelternbeirats in die Entscheidungsprozesse der Stadt – in eineinhalb Stunden konnte vieles nur angerissen werden. Wohl auch deshalb zeigte sich OB Würzner begeistert von der Idee, ein solches Treffen mit dem GEB auf jährlicher Basis zu etablieren.

Eine Frau aus dem Publikum fand nach der hitzigen Auseinandersetzung mit den Stadtvertretern schließlich versöhnliche Worte: „Zwar ist Kinder zu haben in Heidelberg noch immer ein Luxus, aber wir sind alle froh, dass derzeit so viel getan wird.”

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung am 27. Juli 2007 von Sebastian Riemer