„Auch Sie müssen mit ausbauen“

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Oberbürgermeister wünscht sich mehr Einsatz von Arbeitgebern bei Kinderbetreuung – Heidelberg erfüllt Rechtsanspruch auf Kita-Platz

Dass der Oberbürgermeister zuhören kann, hat er im April gezeigt. Damals saß EckartWürzner bei einer RNZ-Aktion mit dem Bündnis für Familie Heidelberg am Telefon und ließ sich von Familien erzählen, was ihnen wichtig ist in Sachen Kinderbetreuung. Bei diesen Gesprächen mit den  Bürgern herrschte durchweg eine harmonische Atmosphäre. Ein wenig anders war das jetzt bei einer Veranstaltung des Bündnis’ für Familie im Rathaus. Wieder war die Kinderbetreuung das Thema, wieder sollte der OB zuhören –nun allerdings den Heidelberger Arbeitgebern.

Dabei blieb er nicht in der Zuhörerposition, sondern rief die Vertreter der Unternehmen auf, nicht immer nur mehr Unterstützung zu fordern, sondern auch selbst mehr zu tun. „Wir brauchen mehr Hilfe von Ihnen“, forderte er. Man könnte die Klagen – von Unternehmern wie dem OB gleichermaßen – als Jammern auf hohem Niveau abtun. Denn Heidelberg ist ziemlich gut aufgestellt in Sachen Kinderbetreuung, der ab heute geltende Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz wird erfüllt.

Für Kinder unter drei Jahren gibt es laut Stadt aktuell 1770 Plätze – das ist eine Betreuungsquote von 50 Prozent.Doch obwohl man im Vergleich zu anderen Städten ordentlich dasteht, fehlt noch immer Vieles für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ein Beispiel, das bei der „Bündnis-Lounge“ im Rathaus heiß diskutiert wurde: Die Unternehmen bieten potenziellen Beschäftigten arbeitsplatznahe Kitaplätze bei Trägern an, mit denen sie kooperieren. Jedoch finden die Arbeitnehmer in Heidelberg häufig keine Wohnung – und ziehen ins Umland. Damit ist die Stadt für diese Kinder nicht mehr zuständig, einen Rechtsanspruch auf Betreuung in Heidelberg gibt es dann nicht.

„Obwohl wir 28 Belegplätze für unsere Mitarbeiter reserviert haben, bekommen auswärtige Kinder keinen Platz“, klagte eine Vertreterin des Max-Planck-Instituts (MPI) für Astronomie. Würzners Replik: „Ein Belegplatz ist kein Belegrecht, wir als Stadt finanzieren ja all diese Plätze mit, auch jene bei privaten Kitas.“ Die Stadt müsse zuerst dafür sorgen, dass der Rechtsanspruch erfüllt werde. Für das nächste Kita-Jahr seien die Heidelberger Kinder inzwischen aber alle bedient. Nun seien noch zehn Prozent Plätzefrei für auswärtige Kinder.

Die vielen an ihn herangetragenen Wünsche konterte Würzner mit eigenen Forderungen. An große Arbeitgeber wie Uniklinik, MPI oder DKFZ gerichtet, sagte der Verwaltungschef: „Auch Sie müssen mit ausbauen.“ 28 Millionen Euro in diesem,36 Millionen im nächsten Jahr – so viel lasse sich die Stadt den Ausbau der Kleinkindbetreuung kosten. Er vermisse Betriebskitas.

Die Unternehmen seien auch viel zu leise, was Wohnraum für ihre Mitarbeiter auf den Konversionsflächen angehe. „Ich höre Sie nicht. Wo ist Ihr Projekt für einen Wohnungscampus?“, platzte es aus dem OB heraus. „Melden Sie sich, helfen Sie uns“, rief er auf. Eine Vertreterin des Uniklinikums meinte, man habe sich schon vor zwei, drei Jahren wegen der Konversionsflächen an die Stadt gewandt – damals sei keine Reaktion gekommen.

Diskutiert wurde auch über die Randzeitenbetreuung. „Ein Kita-Platz bis 16 Uhr bringt mir nichts“, sagte die Wissenschaftlerin Silvia Scheithauer. Die Ganztagesbetreuung werde ständig erweitert, entgegnete Würzner. „Die Mittel wurden in jedem Haushaltsbeschluss ausgebaut.“ Und Ute Sailer von Päd-Aktiv, das die Nachmittagsbetreuung übernimmt, versicherte: „Im kommenden Schuljahr wird es in jedem Stadtteil mindestens eine Ganztagesbetreuung bis 17 Uhr geben.“

Bei allem Krachen im Gebälk: Dass in Heidelberg sehr viel getan wird für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – da warensichamEndedanndoch alle einig.

(Quelle: RNZ vom 1. August 2013 von Sebastian Riemer)

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