Die Roben geben sie nur widerwillig zurück

14 Schüler durften im Landgericht eine Verhandlung imitieren – Das Ferienprogramm „FerienOnJob“ macht’s möglich

Max Meier hat ein Handy geklaut. Karl Adlerlauge hat es gesehen. Einen „einfachenDiebstahl“ hat sich Michael Moser, stellvertretender Verwaltungsleiter am Landgericht, als Szenario überlegt. Für das „FerienOnJob“-Programm hat er ein Drehbuch geschrieben, mit dem die 14 Schüler eine Gerichtsverhandlung imitieren dürfen. Zuvor haben sie eine Einführung in die verschiedenen Berufsfelder bekommen, die es am Gericht gibt – vom Wachtmeister über den Rechtspfleger bis hin zum Richter. „So erfahren sie, was es für Möglichkeiten gibt“, erklärt Moser, „und welche Ausbildungen sie dafür brauchen. Und wir finden vielleichtNachwuchs.“

In dem Sommerferienprogramm „FerienOnJob“, das zum zweiten Mal von der städtischen Wirtschaftsförderung, den Heidelberger Diensten und dem Stadtjugendring veranstaltet wird, können Schüler – in diesem Jahr elf Jungs und vier Mädchen – eine Woche lang an fünf Tagen in verschiedenste Betriebe und Ausbildungsberufe hineinschnuppern. Am Landgericht dürfen die Besucher sogar in den Gefangenentrakt und in die Schleuse, durch die die Gefangenen ins Gericht gebracht werden, hineinschauen.

Das Sitzungsspiel ist der krönende Abschluss. „Richter“, „Staatsanwalt“ und „Verteidiger“ tragen Roben und fühlen sich sichtlich wohl darin. Der junge Staatsanwalt verliest die Anklage mit ernstem Gesichtsausdruck:MaxMeier soll das Handy seines Mitschülers Paul Reich in der Pause aus dessen Rucksack gestohlen haben. Moser wirft begeistert ein: „Entweder hat er großes Schauspieltalent oder soeben seine Berufung gefunden. “Die Jugendlichen haben Spaß an dem Spiel.

Sie lesen ihre von Moser vorgeschriebenen Rollentexte, bringen aber auch spontane Einfälle mit ein. Der Zeuge Robert Blindfisch, dessen Name allein schon für Lacher sorgt, will wegen geschlossener Rollläden im Klassenzimmer nicht recht erkannt haben, wer an Reichs Rucksack war. Karl Adlerauge hat Meier gesehen, konnte aber kein Handy identifizieren: „Er hat einen viereckigen Gegenstand aus der Tasche gezogen. Der hat reflektiert wie ein Display.“ Im Kopf des Angeklagten rattert es, dann hellt sich seine Miene auf: „Das kann doch auch ein Spiegel gewesen sein, Mädchen benutzen oft Spiegel!“ Der Staatsanwalt protestiert: „Der Geschädigte ist aber ein Junge.“ Die plötzliche Wendung gefällt allen, und der Angeklagte kämpft engagiert weiter um seine Verteidigung. Als er am Schluss laut Drehbuch gestehen soll, beschwerter sich bei seinem Verteidiger: „Du bist entlassen!“

Nach dem Urteil dürfen die Jugendlichen noch Fragen stellen. Die Roben geben sie nur widerwillig zurück. Und sie wollen viel von Michael Moser wissen, nach allem, was sie an diesem Tag erfahren und erlebt haben.

(Quelle: RNZ vom 7. August 2013, Von Laura Geyer)

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