Zirkusartist und Maler auf dem Stundenplan
Brückentage sind für viele Eltern ein Problem – Die „Kinderwelt der Berufe“ vom Bündnis für Familie hilft
Letzte Woche hatten die Heidelberger Schüler gleich doppelt Grund zur Freude: Am Donnerstag fiel die Schule wegen des Feiertags aus und am Freitag war Brückentag – ein extralanges Wochenende also. Was das Kinderherz beglückt, ist für die Eltern aber häufig ein Problem.Viele berufstätige Väter und Mütter müssen auch an Brückentagen arbeiten – und können sich nicht um ihre Kinder kümmern.
Mit einem Pilotprojekt schaffte das „Bündnis für Familie“ am vergangenen Freitag Abhilfe – zumindest für die Eltern von 30 Grundschülern. Die Jungen und Mädchen, deren Eltern einen Platz für sie ergattern konnten, erlebten einen spannenden Tag in der „Kinderwelt der Berufe“.
Los ging es schon um acht Uhr morgens. Statt Mathe und Deutsch standen an diesem Tag aber Zirkusartist, Maler oder Veranstaltungstechniker auf dem Stundenplan. „Wir möchten den Kindern Berufe näherbringen, die nicht so in der Öffentlichkeit stehen“, erklärte Aline Moser vom Bündnis die Agenda am Brückentag.
Langweilige Vorträge oder Filme gab es aber nicht zusehen. Vielmehr sollten die Kinder selbst aktiv werden. Am meisten Spaß versprach da natürlich der Beruf des Zirkusartisten, mit dem es am Morgen losging. Da konnten sich die Kinder am Trapez austoben, mit dem Einrad fahren oder mit Tellern jonglieren. „Echt toll!“, fanden die glücklichen Grundschüler, die in einer kleinen Interviewrunde gleich noch den Beruf des Journalisten kennenlernten.
Aber neben dem Spaß ging es auch darum, den Jungen und Mädchen ein besonderes Erlebnis zu bieten. „Der Tag soll wie ein kleiner Urlaub für sie sein“, erzählt Moser, „uns ist wichtig, dass niemand für den Brückentag bestraft wird.“ Sie möchte das Projektweiter ausbauen. „Da entsteht etwas“, ist sie sich sicher. Beim nächsten Brückentag sollen dann auch mehr Kinder die Chance auf einen spannenden Tag bekommen.
Geklappt hat es mit der Betreuung auch, weil Arbeitgeber wie Heidelberg Cement oder das Deutsche Krebsforschungszentrum mitmachen. Ihre Mitarbeiter mussten für die Betreuung nur zehn statt zwanzig Euro zahlen. Moser freut sich über die Unterstützung und fordert mehr Engagement von anderen Firmen: „Unternehmen, seid mutig und beteiligt euch“.
Die Kinder sind vom Projekt längst überzeugt. „Das hier ist viel besser als Schule“, findet Emilie. Und das, obwohl nicht nur gespielt wurde. Denn ein Zirkusartist muss nach dem Turnen und Toben selbst aufräumen. Auch das Mittagessen kam nicht von alleine auf den Tisch. Beim Pizzabacken waren die Schüler ebenso dabei wie beim Dekorieren der Tische. Vielleicht entdeckte da der eine oder andere ein besonderes Talent in sich. „Die Kinder sollen mehr als nur die ,Top Ten‘ der Berufe kennenlernen“, sagt Moser„ein möglichst breitesSpektruman Jobs zu vermitteln ist wichtig.“ Manch einer weiß aber schon, was er will. Selbst nach einem Morgen als Zirkusartist ist sich Benjamin aus der vierten Klasse sicher: „Ich werde Kieferorthopäde“.
(RNZ vom 2.6.2014, Von Nils Herzog)