Porträt Marco Tidona (aponix)

Circular economy &  Vereinbarkeit aus der Väterperspektive

Heute erfahren wir, wie Marco Tidona seine Vision vom Vertical Urban Farming in die Praxis umsetzt. Er ist selbständiger It Spezialist und Geschäftsführer des Unternehmens Aponix, / Manticore IT GmbH in Heidelberg und wir möchten wissen, wie er seine Rolle als Vater mit seinem Unternehmen zusammenbringt.

 

Marco, erzähl doch mal was du beruflich genau machst?

Ich bin Urban-Farming-Enthusiast seit 2014 und selbständiges IT-Systemhaus in einer Person seit 1999. Ich habe die letzten Jahre für verschiedene Unternehmen individuelle Anwendungen aus den Köpfen der Entscheider heraus erarbeitet, die Infrastruktur aufgesetzt und betrieben. Außerdem bin ich Ansprechpartner bei allen Weiterentwicklungen über den gesamten Lebenszyklus einer Anwendung. USP war hier immer, dass heißt, dass ich unabhängig von Geschäftszeiten und Urlaub und alles in einer Person mache und somit die Dimensionen Zeit, Qualität und Kosten meiner Arbeit  nur sehr schwer für traditionell organisierte IT-Unternehmen zu erreichen sind. Das gleiche Prinzip hilft mir auch, mein Vertical Farming-Produkt, die vertikale Pflanztonne von aponix zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Wer gehört alles zu deiner Familie?

Wir das sind meine Frau Sigi, die bei uns als Vertriebs-Ingenieurin die Industrie-Karriere macht und ‚das Geld verdient’ und unser Sohn Julius, der dieses Jahr 7 Jahre alt wird – super Typ. Wir sind 2013 aus Mannheim nach Heidelberg in die Bahnstadt gezogen.

Kannst du uns deinen Weg in die Selbständigkeit schildern?

Hier falle ich meines Erachtens aus dem Bild, das man typischerweise von einem ‚Gründer’ hat ,raus. Ich war schon immer selbständig. Auch während des Studiums habe ich so ziemlich alle Semesterferien in Unternehmen gearbeitet. Zwar habe ich auf selbständiger Basis auch immer mal wieder längere Zeit in Unternehmen verschiedener Größe auf Projektbasis gearbeitet, ich konnte mir aber nie vorstellen, dort auf unabsehbare Zeit als ‚Mitarbeiter’ zu sein.

So gesehen empfinde ich auch keinen Unterschied zwischen ‚Arbeit’ und ‚Freizeit’. Die Dinge, die ich mache bzw. priorisiere tragen zu einem Gesamtergebnis bei, das mir persönlich wichtig ist. Ich habe schon hier und da mal im engeren Sinn ‚gegründet’, bspw. mit 2 IT-Kollegen aus einem gemeinsamen Kunden heraus in Bad Homburg eine IT-Firma, die nach 3 Jahren knapp 1 Mio EUR Umsatz gemacht hat. Wir sind hier innerhalb von 3 Jahren gut gewachsen. Ich habe mich dann aber doch entschlossen die Firma zu verlassen, da a) unser Sohn 2011 auf die Welt gekommen war und das 100km weit entfernt in Mannheim und b) die Perspektive Wachstum zu einem Systemhaus dadurch schwer infrage gestellt worden war, da sich die ursprünglichen Gründer weigerten oder aus ihrer Sicht nicht die Notwendigkeit gesehen haben, sich selbst von der Fachkraft zu Leadern, also zu professionalisieren. Eine Alternative wäre auch gewesen einen Mentor oder einen deutlich erfahreneren Geschäftsführer hierarchisch über die Gründer zu setzen. Das kam aber für die anderen beiden Gründer auch nicht infrage. Gefühlt war mir der Preis zu hoch, mich hier weiter zu 100% zu engagieren und ich bin mit meiner Stammeinlage 2012 wieder ausgeschieden. Damit habe ich 3 Jahre 24/7-Engagement mit Null zurück gelassen. Einzig meine eigenen Kundenbeziehungen habe ich mitgenommen und nach einer Übergangsphase die Manticore IT GmbH alleine gegründet. Gründung war hier aber eher in dem Sinn zu verstehen, dass ich ein juristisches Vehikel benötigt habe, um mich buchhalterisch und bezgl. Steuergesetzen verlässlich zu organisieren.

Worin siehst du deine größte berufliche Herausforderung?

Ich bin hier enorm ergebnisorientiert. Ob es schwer war etwas zu erreichen, ob es weh getan hat, schief gegangen ist oder sehr einfach war, interessiert langfristig nicht. Auf das Ergebnis kommt es an. Hier gibt es einen reichen Kosmos von neuen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die natürlich alle außerhalb deiner Komfort-Zone liegen und erarbeitet werden müssen. Aber wenn man den Wert der möglichen Ergebnisse versteht, geht es auch immer weniger um Ego – nur ein Ergebnis zählt.

Beispiel: Auf einer Bühne zu stehen und einer Gruppe von Fachleuten in einer Fremdsprache sein Produkt begeistert und technisch sauber zu erklären, ist etwas was man nicht einfach von Natur aus kann. Man muss irgendwo/irgendwann anfangen das zu üben, durch Feedback von Mentoren besser zu werden und langsam wichtigere Auftritte auch zu meistern. Das kostet Überwindung und Mut. Aber am Ende ist es einfach nur sauber ausgeführte Vorbereitung, die einen enormen Wert für ein neues Produkt entfalten kann. Es kann einem auf Messen bspw. eine Menge vermeidbare Dialoge ersparen. Nach einem Bühnenauftritt kommen die passenden Leute an den Stand und stehen gerne Schlange. Die Devise ist ‚Luck is when preparation meets opportunity’. Wenn man hier mal den Wert dieser neuen Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden hat, ist es keine Option mehr diese nicht zu erarbeiten. Dafür braucht es natürlich auch Vorbilder und persönliche Helden.

Wie lebst und organisierst du deinen Alltag als Vater?

Mein Zeitfenster ist werktäglich, wenn keine Schulferien sind, von 8 bis 16 Uhr. Hier muss der Großteil von dem was mir wichtig ist organisiert werden. Der Alltag ist jeden Tag anders und gliedert sich eigentlich eher in das abarbeiten oder organisieren der wichtigsten Aufgaben. Ich habe da viele Listen – elektronisch, auf Papier, die sich ständig verändern.

In IT-Projekten schreibt man ‚unwichtige’ Dinge auf, damit man Sie dann Wochen später einfach weglassen kann. Genauso funktionieren meine Listen. Sie beinhalten immer viel mehr Aufgaben, als ich erledigen kann. Was erledigt wird ist mir in dem Moment wichtig. Sehr banal: Die Cash-Flow-Planung geht in den Keller, ich schreibe Rechnungen.

Ich bin erschöpft und mache zu viele Fehler oder komme nicht weiter, dann schreibe ich mir ‚Freizeit’ in den Kalender oder checke sofort die Öffnungszeiten des lokalen Schwimmbades und gehe direkt 1 Stunde Schwimmen oder Laufen. So habe ich bspw. nebenbei das Kraulen gelernt.

Durch den Wechsel in meinem Denkmuster, löse ich die zuvor unlösbar erscheinenden Probleme zumeist unvorhersehbar elegant. Diese Art von Spannungswechsel habe ich über die letzten Jahre perfektioniert. Für mich funktioniert das sehr gut. Eine sehr wichtige Aufgabe, die ich mir gar nicht aufschreiben muss, ist dabei beispielsweise ‚gesund und fit zu bleiben’. Dafür muss man regelmäßig etwas tun.

Zum Stichwort Zeit: Welche Rolle spielt Zeit für Dich? Und was ist Dir wichtig?

Die liebe Zeit,  Zeit an sich und auch der passende Zeitpunkt sind kritische Komponenten. Wenn ich für ein IT-Projekt bspw. eine komplexe Struktur aufbauen soll und dafür meine volle Konzentration über einen längeren Zeitraum benötige, versuche ich erst gar nicht, das zu einem unpassenden Zeitpunkt zu machen. Ich kann nur steuern, ob, wann und wie intensiv ich etwas machen möchte um mein Ergebnis zu erreichen. Es klappt auch nicht immer so wie ich das plane oder gerne möchte. Das ist auch OK. Ich kann es dann in der Zukunft besser oder anders machen oder es auch lassen. Meistens brauche ich auch länger als ich mir das ursprünglich dachte. Außerdem habe ich auch gelernt, dass erst wenn man sich intensiver mit etwas beschäftigt, die nächsten richtigen Schritte deutlich werden. Eine weitere wichtige Komponente ist hier der Austausch mit anderen und deren ehrliches Feedback. Das muss nicht immer jemand älteres sein und ich muss auch nicht alles gut finden was ich höre. Aber alleine dadurch, dass ich es gehört habe, entwickelt sich meine Intuition. Experte kann bspw. einfach jemand mit einer andere Vorgehensweise und anderen Erfahrungen sein. Gut macht ihr es, wenn ihr alle 5 Jahre über eure Mentoren, zu denen ihr anfangs aufgeschaut habt, hinauswachst.

Und zum Schluss aus dem Nähkästchen, welche Tipps hast du für Eltern, die sich selbständig machen wollen?

Einfach sind die Dinge, für die man Talent hat. Niemand hat Talent für alle notwendigen Tätigkeiten. Es ist auch nicht jedermanns Sache, selbständig zu arbeiten. Ihr habt keinen Vorgesetzten, der euch die Aufgaben gibt und ihr habt auch keine klassische Rolle aus einer Unternehmens-Hierarchie. Ihr habt quasi den Hut aller möglichen Rollen abwechselnd oder teilweise auch gleichzeitig auf.

Das Geschäftsmodell sollte ökonomisch sinnvoll sein. Permanent unter finanziellem Druck arbeiten, wird nicht dauerhaft funktionieren. Das Modell dazu auf Basis von Cash-In und Cash-Out sollte man sich auf Monatsbasis und für die nahe Zukunft einmal in Excel verdeutlichen und auch monatlich updaten.

Macht euch klar, was genau ‚Erfolg’ für euch speziell bedeutet! Das hört sich logisch an, die meisten können aber keine klaren Ziele daraus ableiten! Beispiel: Ist Elon Musk erfolgreich? Man kann das erst sagen, wenn man seine persönlichen Ziele kennt. Ein ausgeglichenes Familienleben? Unklar… Ein profitables solides Unternehmen aufbauen? Nein… Einen Tesla auf dem Mars parken? Ja.

Erfolg ist individuell, ändert sich über die Zeit und ist nicht linear – ihr wachst unterwegs und eure Umwelt verändert sich gleichzeitig. Seid ihr bereit und flexibel genug hier hinein zu wachsen? Es hängt davon ab, was ihr gerne erreichen wollt und welchen Preis ihr dafür zu zahlen bereit seid. Im Zweifel – ausprobieren und dann abbrechen oder weitermachen.

Lieber Marco, herzlichen Dank für das Interview.

Beim Parentrepreneurs Netzwerkforum am 14.4. hält Marco Tidona einen Impuslvortrag: „Mit Vertical Urban Farming die Welt retten“. Weitere Informationen findet ihr unter http://www.aponix.eu