Porträt Sandra Pfisterer (PfiStar)

In Deutschland steigt die Zahl der Alleinerziehenden stetig an. Eine selbständige Tätigkeit kann eine gute Möglichkeit sein, den Anforderungen der Kinder gerecht zu werden und gleichzeitig den Lebensunterhalt zu verdienen. Alleinerziehende Mütter und Väter sind dabei besonders gefordert, denn sie können sich nicht immer auf familiäre Unterstützung verlassen. In unserem Blogporträt stellen wir Sandra Pfisterer vor, die eine Praxis für psychoonkologische Beratung und Hypnose hat. Seit letztem Jahr ist sie zudem Gründerin und Geschäftsführerin ihres Start-Ups „PfiStar“. Die Mutter von Bianca (7 Jahre) und Klara (13 Jahre) ist seit fünf Jahren alleinerziehend. Sie lebt nach einigen Jahren am Bodensee wieder in ihrem Heimatdorf Leutershausen, in der Nähe wohnen auch ihre Eltern und Schwiegereltern. Im letzten Jahr hat sich bei Sandra unheimlich viel getan, ihr Unternehmen „PfiStar“ wächst rasant. Unter dem Titel „Was wäre, wenn ich jetzt gehe“ bietet sie Workshops an und baut gerade ein bundesweites Netzwerk an lizenzierten Workshopleitern auf. Welche Herausforderungen sie auf ihrem Weg zu meistern hatte und noch hat, erzählt sie uns im Interview.

Wie war Dein Weg zur Selbständigkeit?

Ich habe meine Praxis für Hypnose eigentlich schon seit neun Jahren und biete seit acht Jahren auch die psychoonkologische Beratung an. Damals haben mein Ex-Mann und ich noch am Bodensee gelebt. Ich bin dann wieder in meine Heimat gezogen. Geplant war eine „Wochenend-Ehe-Phase“, bis er nachkommt, aber wir haben uns dann getrennt. Somit war ich alleine auf mich gestellt und hatte in dieser schwierigen Scheidungszeit auch keine Kraft, Krebspatienten zu beraten. Zudem musste ich ja für uns drei sorgen, und so habe ich mir wieder eine Angestelltentätigkeit gesucht, erst Vollzeit und dann die klassische Halbtagesstelle. Das Problem war: Die Kinder haben viel mehr Ferien als ich Urlaub und ich musste das ganze Jahr Überstunden machen, um die Ferien abdecken zu können. Als ich dann im Sommer 2016 gekündigt wurde, habe ich meine Selbständigkeit wieder neu geplant. Ich wollte die volle Flexibilität und war mir aber auch bewusst, dass ich damit trotzdem unseren Lebensunterhalt erwirtschaften muss. Das alles unter einen Hut zu bekommen ist anstrengend – aber für mich der richtige Weg.

Wie lebst und organisierst du die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Wie sieht Dein typischer Alltag aus?

Einen typischen Alltag hab ich nicht. Ich verbringe morgens kurze Zeit mit meinen Kindern, bis sie zu Schule gehen. Dann folgt ein „Haushaltsgalopp“, bis ich um spätestens um 9 Uhr mit meiner Arbeit beginne. Das geht dann bis mittags, wenn meine Töchter aus der Schule kommen. Für die Nachmittage plane ich Termine so, dass ich die Kinder mitnehmen kann, zum Beispiel bei Postgängen. Wenn die beiden Ferien haben, bin ich zu 100% Mama – das heißt aber nicht, dass meine Arbeit dann liegen bleibt. Ich arbeite dann auch ein paar Stunden am Tag, oft frühmorgens oder spätabends, wenn sie im Bett sind. Dazwischen unternehmen wir Ausflüge, gehen Schwimmen oder besuchen Spielplätze, und da dreht sich dann alles um meine Kinder und die Arbeit ist außen vor. Allerdings kann ich wunderbar auf einem Spielplatz Mails beantworten und netzwerken, denn die Kids brauchen mich nicht mehr zum Anschubsen beim Schaukeln.

Was sind die größten Herausforderungen als Alleinerziehende? Hast Du ein Netzwerk, das Dich unterstützt?

Das Schwierigste ist, den Kindern gerecht zu werden. Ich passe sehr auf, dass ich ihnen nicht zu viele Aufgaben aufdrücke, die man sich normalerweise mit dem Partner teilt. Sie müssen schon auch Sachen wie Geschirrspülmaschine ausräumen und Müllrausbringen, aber alles dosiert. Es ist anstrengend, allein für die Kinder da zu sein – zumal sie einen durch die Trennung noch mehr brauchen. Ich habe Unterstützung durch meine Eltern und Schwiegereltern in der Nähe, aber der Vater der Kinder wohnt am Bodensee und ist nicht einfach spontan verfügbar.

Als Alleinerziehende selbständig zu sein hat Vor- und Nachteile. Man ist natürlich flexibler und hat keine starren Arbeitszeiten wie als Angestellte. Man muss aber auch alles alleine stemmen, vom Erfolg der Selbständigkeit hängt man nicht nur selbst ab, sondern eben die ganze Familie.

Wenn Du Dir etwas für alle Alleinerziehenden wünschen könntest – was wäre das?

Was ich mir wünschen würde ist mehr Verständnis für Alleinerziehende – und dass sie auch mal „Schwäche“ zeigen dürfen. Ich höre oft „Du schaffst das schon!“ – das stimmt zwar, aber auch ich habe meine Tiefs. Und schade finde ich, dass man als Alleinerziehende bei Pärchen schnell raus ist. Ich habe keine Ahnung warum, aber man wird weniger eingeladen.

Hast du in deinem Alltag Zeit für dich?

Ich brauche Struktur und klare Abgrenzungen – wenn ich arbeite, arbeite ich und wenn ich mit den Kindern zusammen bin, dann bin ich mit ihnen zusammen. Das klappt ganz gut und ich höre mittlerweile auch auf meinen Körper und kann mir Auszeiten nehmen. Auch wenn es nur eine halbe Stunde mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon ist oder ich im Freibad ein paar Bahnen schwimmen kann – ich brauche diese Ich-Zeiten und kann sie auch genießen.

Welche Tipps hast du für Eltern, die sich selbständig machen wollen?

Das wichtigste, egal was ihr tut: Beide Partner müssen davon überzeugt sein. Denn gegen den Partner arbeiten ist unklug und kostet unnötig Kraft. Gründern würde ich raten, nur etwas anzugehen, von dem sie absolut überzeugt sind und für das sie brennen. Absolut empfehlen kann ich einen Mentor oder eine Mentorin. Jemand mit Erfahrung im Hintergrund erspart Umwege, verhindert das Abheben und hilft einem, den Fokus zu halten. Ich habe meinen Unterstützer eher zufällig kennengelernt, aber ich bin wirklich froh drum, ihn zu haben und er gibt mir Kraft. Falls Euch also Hilfe angeboten wird – nehmt sie an.

Liebe Sandra, wir danken dir für das Gespräch.