Porträt Petra Lupp mit Tochter Laura

ERZÄHLT DOCH MAL…
Wer seid ihr? Was macht ihr? 

Petra Lupp: Seit 2001 bin ich PR-Managerin in der Küchenbranche zudem Reisejournalistin, betreibe seit 2012 das Onlineportal Lebensdomizile weltweit und 2015 wurde ich zudem Buchautorin für Wohnmobiltouren und -Infobücher. Ich bin 48 Jahre und zu meinem engsten Familienkreis gehören mein Mann Martin und meine bald 18jährige Tochter Laura, die seit 2010 gemeinsam von mir und meinem Exmann im Wechselmodell betreut aufgewachsen ist.

Laura: Ich mache mein Fachabitur Richtung Soziale Arbeit und plane ein Studium in diese Richtung.

SELBSTÄNDIGKEIT
Petra, warum bist du selbstständig? Gab es einen Anlass und wie war der Weg zur Gründung? Was war zuerst da: Familie oder Selbständigkeit?

„Das dritte Unternehmen, das ich aufbaue ist mein eigenes!“ Den Wunsch nach der Selbständigkeit gab es schon länger, da ich zuvor zwei Unternehmen im Angestelltenverhältnis mit aufgebaut habe. Kurz nach der Geburt meiner Tochter bekam ich ein interessantes Angebot, das ich jedoch aufgrund meiner Verkaufsleitertätigkeit in der Küchenbranche so nicht annehmen konnte. Dies war der Startpunkt meiner Selbständigkeit, direkt raus aus dem Angestelltenverhältnis rein in die Selbständigkeit und los. Verständlicherweise bin ich mit meiner Presseagentur bis heute in der mir bekannten Branche geblieben.

Laura, wie war es für dich als Kind, eine freiberufliche Mutter zu haben?

Ich bin damit aufgewachsen, dass meine Mutter morgens hoch in ihr Büro geht und dort arbeitet oder ab und zu unterwegs ist. Trotzdem war sie meistens da, wenn ich heimkam, da ihr Arbeitsweg nur die Treppen runter im Haus ging. Die Selbständigkeit spiegelt sich in ihrer Flexibilität wider, die sie hat, um ihre Arbeitszeiten selbst einteilen zu können. Manchmal nehmen wir nach dem Mittagessen Termine wahr und kommen nachmittags nach 2-3 Stunden heim. Danach geht sie wieder arbeiten. Das wäre nicht der Fall, wenn sie geregelte Arbeitszeiten hätten, an die sie sich in einer Firma halten müsse.

VEREINBARKEIT UND ALLTÄGLICHE HERAUSFORDERUNGEN
Was ist für dich Vereinbarkeit von Beruf und Familie? 

Petra: Da ich mittlerweile auf 17 Jahre Selbständigkeit und eine fast volljährige Tochter zurückblicken kann, haben sich Organisation und typischer Alltag innerhalb der Familie im Laufe der Zeit natürlich verändert und den Lebensbedingungen angepasst. So lagen meine Hauptarbeitszeiten für Arbeiten die Ruhe benötigen in der Baby- und Kleinkindphase früh morgens, während der Mittagsschlafzeit, abends, wenn der Vater nachhause kam und am Wochenende. Außerdem gab es an zwei festen Tagen pro Woche den Oma/Opa-Tag, von morgens um 8 bis Abends um 19 Uhr. In diese Zeit legte ich verbindliche Geschäftstermine oder arbeitete einfach am Stück für meine Kunden.

Mit der Betreuung durch den Ganztagskindergarten und der danach folgenden Grundschule im Konzept einer Ganztagsschule mit Nachmittagsbetreuung bis 16 Uhr und AGs von Montag bis Donnerstag lief alles wunderbar. Laura war unter Kindern und ich konzentrierte mich auf die Arbeit und danach auf Qualitätszeit mit Laura. Messe- und Geschäftstermine sowie eine mehrmonatige Weiterbildung zur IHK Fachkraft für Tagungs-, Kongress- und Messewirtschaft organisierte ich in Absprache mit Oma/Opa und – für mich ebenfalls selbstverständlich –  musste/durfte auch der Vater einspringen. Übrigens: Das Arbeiten im Homeoffice als Frau und Mutter war in dieser Zeit nicht für alle selbstverständlich, viele Mütter blieben einfach zuhause und kümmerten sich um die Betreuung der Kinder, besuchten Krabbelgruppen, Babyschwimmen und schauten mich durchaus schief an. In die Grundschulzeit fielen auch Trennung und Scheidung. Doch wir sind immer Eltern geblieben und kümmerten uns gemeinsam und in Absprache weiterhin um alle Belange der Erziehung. Dies mündete 2010 dann auch in der Vereinbarung, die Betreuung vom Residenzmodell zum Wechselmodell zu ändern, zum Wohl aller Beteiligter. Immer wieder mittwochs zog Laura mit Kleidung und Schulsachen anfangs gerademal 300 m um, später waren es dann ein paar Kilometer. Freunde, Schule, Umfeld – alles blieb erhalten und vor allem, auch wir als Eltern waren stets greifbar und in den Alltag eingebunden.

Für mich änderte sich die Möglichkeit, mehr zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten was ich auch tat. Mit Gründung des Onlineportals Lebensdomizile weltweit hielt das „leben, arbeiten und reisen, überall und unterwegs“ noch mehr Einzug in mein Leben. Gemeinsam mit meinem heutigen Ehemann bereise ich seitdem interessante Länder.  Wir sind mittlerweile insgesamt 4-5 Monate pro Jahr auf Presse- und Recherchetouren unterwegs, während ich parallel auch für die Kunden meiner Presseagentur tätig bin. Denn um die Betreuung von Laura musste ich mir nie Gedanken machen, sie war bestens aufgehoben bei ihrem Vater.

Laura: In meiner Kindheit war es eher die Ausnahme, dass die Mütter selbständig waren. Ich hatte keinen Freund oder keine Freundin, deren Mütter selbständig waren. Berufstätig waren die meisten. Für mich als Kind damals war es nichts Besonderes, da meine Mama einfach arbeitet, natürlich nicht irgendwo, sondern zuhause. Rückblickend fallen mir viele Momente ein, in denen es vorteilhaft war, dass meine Mutter selbständig ist.

Was sind die Vor- und Nachteile aus deiner Sicht Laura?

Ein Vorteil ist, dass man die Zeit so einteilen kann um sich auf sein Kind zu konzentrieren und trotzdem die Arbeit zu machen. An einen Nachteil in meiner Kindheit kann ich mich bei näheren überlegen nicht erinnern.

DIE LIEBE ZEIT – Petra, welche Rolle spielt Zeit für Dich? 

Zeit für mich? Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Schließlich habe ich im Laufe der Jahre mit dem Reisen mein Hobby zum Beruf gemacht, kann dies sogar 24/7 mit meinem Mann gemeinsam erleben. Dadurch ist Zeit natürlich relativ zu sehen. Wichtig ist mir, wenn ich zuhause bin bzw. im Homeoffice arbeite, mein Espresso nach dem von mir selbst gekochten Mittagessen, ein Buch zu lesen oder auch die einstündige Thaimassage, die ich mir gerne gönne. Im Alltag unterwegs ist es für mich wichtig, in Ruhe zu frühstücken und dann den Tag neugierig in einer fremden wie interessanten Umgebung zu beginnen und kennen zu lernen.

AUS DEM NÄHKÄSTCHEN
Petra, welche Tipps hast du für Eltern, die sich selbständig machen wollen? Oder an Selbständige, die Eltern werden?

Offene Gespräche und ehrliche, am besten schriftlich fixierte Absprachen für Selbständigkeit und Elternschaft sind für mich eine Grundvoraussetzung.  Bleibt einer im Angestelltenverhältnis ist es oft schwer nachvollziehbar, was an der Selbständigkeit so anders sein soll. Insbesondere, wenn das Business keine klassischen Arbeitszeiten zwischen 8 und 16 Uhr kennt oder im Homeoffice, also gefühlt neben Küche und Waschmaschine stattfindet. Persönliche Bedürfnisse und Wünsche zu äußern ist außerdem wichtig, um sich auch als Paar nicht zu verlieren.

Auf jeden Fall sollten beide Elternteile in Alltag und Geldverdienen, in Betreuung und Job eingebunden sein. Mittlerweile gibt es viele Erleichterungen bei der Betreuung. Auch die Akzeptanz, dass Väter die Arbeitszeit reduzieren und sich um die Kinderbetreuung aktiv kümmern ist größer geworden.

Ein Tipp an die oft gut ausgebildeten Frauen und Mütter: Redet laut und verständlich, argumentiert eure Bedürfnisse, wie wichtig euer Job, euer Business ist! Macht klar, dass eure Selbständigkeit keinesfalls hinter dem Beruf des Mannes ansteht, sondern aktiv zum Familieneinkommen beiträgt. Spätestens – was nie jemand hofft, aber trotzdem möglich ist – bei einer Scheidung oder hinsichtlich des Rentenalters seid ihr froh, finanziell unabhängig auf eigenen Beinen zu stehen. Wenn ihr euch ebenso selbstverständlich die Betreuung der Kinder mit dem anderen Elternteil dann im Wechselmodell teilt, wird eine Trennung weder zum finanziellen noch zum betreuungstechnischen Supergau, sondern zum organisierbaren Lebensabschnitt, aus dem alle Beteiligten als Gewinner gehen können.

Laura, hast du schon eine Vorstellung, wie Du Familie leben möchtest? Ist Vereinbarkeit in deiner Generation ein Thema?

Wenn Ich in die Zukunft schaue möchte ich auf keinen Fall nach der Geburt von Kindern nur noch zuhause sein und meine Karriere hinter mir lassen. Dafür hätte ich kein Fachabitur machen müssen und auch später nicht studieren. Ich wünsche mir ein ausgeglichenes Familienleben, bei dem man Job und Familie trennen kann, aber ich mich trotzdem mit dem gleichen Elan auf beides zur entsprechenden Zeit, konzentrieren kann.

In der Schule und auch im Freundeskreis haben wir das Thema Vereinbarkeit von Arbeit und Familie schon mal angesprochen, aber Relevanz hat es in unseren Leben noch nicht.

Vielen Dank für Eure Bereitschaft, Euch für das Porträt zur Verfügung zu stellen!