Familienfreundlichkeit: Es gibt vorbildliche Arbeitgeber
Bei der Geuder AG arbeitet fast jeder Sechste auf Teilzeitbasis: Antwort auf die Anliegen der Mitarbeiter
Der Arbeitsplatz im Vorstandssekretariat der Geuder AG ist aufgeteilt: Sandra Gleissle und ihre Kollegin Silke Kreuzwieser betreiben „Jobsharing“, füllen also so gemeinsam eine Stelle aus. Beide Frauen sind Mütter kleiner Kinder, eine Ganztagsstelle könnten sie nicht annehmen. Damit trotzdem alles glatt läuft, müssen sie beim „Jobsharing“ auch die Arbeitszeiten und Projekte ihrer Partnerin im Auge behalten. „Es kommt auf die Abstimmung an“, so Silke Kreuzwieser, die erst vor vier Wochen von ihrem ehemaligen Arbeitgeber in das Rohrbacher Unternehmen gewechselt ist.
Um ihren Mitarbeitern in punkto Vereinbarkeit von Beruf und Familie so weit wie möglich entgegenzukommen, bietet der Hersteller ophtalmochirurgischer Instrumente und Gerätesysteme zahlreiche Formen flexibler Arbeitszeiten an. Deshalb gilt die Geuder AG als vorbildlich im Bereich familienorienterter Unternehmenspolitik in Heidelberg.
Immerhin dreißig der 190 Mitarbeiter arbeiteten auf Teilzeitbasis, erklärt Geschäftsführer Martin Feindel, darunter auch Männer. „Arbeitszeiten an familiäre Umstände anzupassen ist auch für uns eine Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter langfristig im Unternehmen zu halten.“ Letztlich habe sich gezeigt, dass Teilzeitkräfte seltener krank würden.
Auch die assistierende Produktmanagerin Silke Möller hat eine Tochter, die sie als alleinerziehende Mutter neben ihrer 30 Stunden Woche versorgt. Sie lobt besonders, dass ihr Arbeitgeber Kinderkrankengeld zahlt. „Wenn ich mit meiner Tochter zum Arzt muss, erstattet mir die Krankenkasse nur 80 Prozent meines Lohnes.“ Die restlichen 20 Prozent zahle ihr dann die Geuder AG.
Bei der 2007 eingeführten Elternzeit bemüht sich die Geuder AG ebenfalls um Vorbildcharakter. Erst kürzlich kam ein männlicher Manager aus seinen drei Vätermonaten ins Unternehmen zurück. Geschäftsführer Feindel betont, dass auch die zwölfmonatige Babypause theoretischmöglich sei. Lediglich einen eigenen Betriebskindergarten gibt es noch nicht.
Jedoch, so Feindel, hätten bereits erste Gespräche mit dem TSG-Sportkindergarten in Rohrbach über eine eventuelle Zusammenarbeit stattgefunden. Was das Unternehmen seinen Mitarbeitern anbiete, habe sich in den vergangenen Jahren als Antwort auf deren Anliegen entwickelt. Neben Gleitzeit und Elternzeit gibt es deshalb mittlerweile „Homeoffice-Arbeitsplätze“, also die Möglichkeit, per Internet einen Teil der Arbeit zu Hause zu erledigen.
Auch die Pflege Angehöriger habe an Bedeutung gewonnen. Marina Becker,die in der Produktion arbeitet, musste ihre Vollzeit-Stelle auf drei Tage in der Woche reduzieren, nachdem ihre Schwiegermutter zum Pflegefall geworden war. Das sei unkompliziert möglich gewesen. Ihre Kollegin geriet plötzlich in die Lage, beide Eltern im Krankenhaus und zu Hause pflegen zu müssen. „Ruck, zuck!“ habe auch sie auf Teilzeit umsteigen können, „das gibt es in anderen Firmen nicht.“ Ein weniger flexibler Chef hätte ohne die Verkaufsangestellte auskommen müssen: „Wenn es Probleme gegeben hätte, hätte ich gekündigt.“
„Jobsharing“-Mitarbeiterin Sandra Gleissle weiß, dass die Geuder AG für die weitreichenden Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie mitunter viel auf sich nimmt: „Der Arbeitgeber muss es wirklich wollen. Und er muss auch viel schlucken, wenn nicht alles glatt läuft.“ Vor allem aber müsse er sich eben dazu bekennen, „dass es ihm seine Mitarbeiter wert sind.“
Info: Podiumsdiskussion zum Thema am 2. Juli, 20 Uhr, Vortragssaal der VHS, Bergheimer Straße 76, mit OB Würzner, W. Schütte (Heidelberger Dienste), A. Bohnstedt (SAP), U. Forster (Universität), Chr. Montesinos-Handtrack (Techniker Krankenkasse)