„Kontakte knüpfen ist heute das Wichtigste”

Stadt, Universität, Unternehmer und freie Träger gründeten in der Alten Aula gestern das Bündnis für Familie Heidelberg„Ein Kind hatte ich umgebunden, vor mir zwei Einkaufswagen. In dem einen saßen meine anderen beiden Kinder, in den zweiten kamen die Lebensmittel. Während ich die Sachen in den Wagen legte, schaufelte mein Sohn sie hinten wieder raus.” So beschrieb Gabriele Meister ihren Versuch, den Einkauf und drei Kinder miteinander zu verbinden. Ihre Zuhörer waren rund 120 Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und freien Trägern in der Alten Aula der Universität. Wie es ist, wenn Erziehende nicht nur einkaufen, sondern einen Beruf behalten wollen oder müssen, stellte die Leiterin des Amtsgerichtes ebenso anschaulich vor: ein Dilemma, das nach Lösungen schreit.

Was es in 379 Städten in Deutschland als Bundesinitiative schon gibt, ist des halb nun auch in Heidelberg beschlossene Sache: Ein Bündnis aus privaten Unternehmen und Institutionen mit dem übergeordneten Ziel, die Stadt für Familien attraktiver zu machen. Schirmherr Oberbürgermeister Eckart Würzner sieht damit seine Familienoffensive unterstützt und stellte Familienfreundlichkeit erneut als wesentlichen Standortfaktor heraus: „In Heidelberg haben nur 18 Prozent der Einwohner selbst Kinder. Junge Familien sind oft gezwungen, ins Umland zu ziehen.” Schwerpunkte des Bündnisses sind darum familienfreundliches Wohnen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Kleinkindbetreuung, Chancengleichheit, Gesundheit und Pflege und bürgerschaftliches Engagement. In diesen Bereichen wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich bei Häppchen, Sekt und Saft im Foyer präsentierten.

„Kontakte zu knüpfen ist heute am wichtigsten”, sagte Sylvia Hetzel vom Universitätsklinikum Heidelberg mit Blick auf die Ziele ihrer Arbeitsgruppe ‚Kinderbetreuung‘: Hier sollen vor allem erweiterte Öffnungszeiten der Einrichtungen, aber auch ein größeres Angebot, insbesondere für Kleinkinder, erreicht werden. „Dazu müssen natürlich alle ihren Beitrag leisten, auch Arbeitgeber wie zum Beispiel die Kaufhof AG, die in der Arbeitsgruppe vertreten ist.” Die verschiedenen Blickwinkel sieht sie positiv: „Das kann neue Impulse geben.”

Gisela Deuer aus der Arbeitsgruppe ‚Vereinbarkeit von Beruf und Familie‘ ist nach der Gründungsveranstaltung und vielen Gesprächen mit möglichen Partnern skeptischer: „Ich sehe schon, da prallen Welten aufeinander. Allein bei der Frage der Öffnungszeiten von KiTas.” Die angepeilte Zeitspanne von 7 Uhr morgens bis in den Abend sei mit dem üblichen Konzept der kontinuierlichen Betreuung von Kindern in einer festen Gruppe nicht vereinbar und stoße auf Abwehr. „Natürlich müssten die Erzieher dann tagsüber wechseln, aber warum auch nicht?”

Einen ersten Schritt haben die Arbeitsgruppen bereits getan, indem sie klare Ziele im Sinne von Eltern und Kindern in Heidelberg formulierten. Deren Durchsetzung dürfte allerdings der eigentliche Kraftakt werden. Damit sich das „Bündnis für Familie” nicht nur gut im Firmenportfolio beteiligter Unternehmen liest, müssen offenbar noch einige Denkstrukturen geknackt werden.

Quelle: RNZ, 29.03.2007