Zwischen Hörsaal undWickeltisch: Noch nicht leicht, aber durchaus machbar
Im „Club Parentes“ treffen sich Studierende mit Kind – Fünf Prozent an der Uni Heidelberg
Für die meisten Studenten ist es eine exotische Frage: „Wenn ich bei meinen Eltern versichert bin und mein Freund bei seinen, wo wird dann mein Kind versichert sein?“ Doch die junge Frau am anderen Ende des Tisches erntet weder erstaunte Blicke noch betretenes Schweigen. Zwischen spielenden,plappernden oder auch mal schreienden Kindern suchen die Kommilitoninnen in ihrem eigenen Erfahrungsschatz nach Lösungen. Im „Club Parentes“, einem offenen Gesprächskreis für studierende Eltern, trifft man auf die, die fünf Prozent der Studenten an der Uni Heidelberg ausmachen (siehe Hintergrund). Studieren mit Kind ist noch nicht leicht, aber durchausmachbar.
Paradebeispiel ist Julia. Sie war mit vier Kleinkindern und ihrem Mann für ein Jahrin Polen, und nun ist sie zurück. Sie studierte Volkswirtschaftslehre an der Uni Warschau. Wie sie das machte? „Langsam“, sagt sie, „ohne Hektik und durchdacht“. Das gilt auch für ihr Studium. Dennoch ist es natürlich eine Frage der Organisation. Und das kann man lernen. Genau das bieten das Kinderhausbüro der Universität und das Bündnis für Familie Heidelberg in diesem Semester erneut gemeinsam an. In einemWochenendseminar (Termin noch nicht bekannt) über „Zeitmanagement und Studienorganisation“ können studierende Eltern lernen, wie sich alle Anforderungen möglichst wenig aufreibend unter einen Hut bringen lassen. Selbstverständlich wird auch hier für eine Kinderbetreuung gesorgt sein.
Das Selbstverständliche sei es, was den Club Parentes ausmacht, erklären die anwesenden Mütter und Väter – oder Mütter in spe. Hier werde man als „normal“ angesehen, treffe auf Mitstudenten, die sich im täglichen Unibetrieb eben nicht als Eltern identifizieren lassen. Von da bis zu gemeinsamen Aktivitäten oder gegenseitigem Unterstützen ist es dann auch nicht mehr weit. Es ist sogar schon ein erster Ausflug mit Kind und Kegel organisiert worden. Und was den Frauen und dem einen Mann auch ganz wichtig ist: Man spricht auch über andere Themen als nur über die Kinder. Das bekamen die neuen, demnächst Mütter gleich zu spüren. Über deren Geburtstermin wird unter dem Aspekt gesprochen, ob er mit Klausuren oder Prüfungen kollidiert oder eben – „hurra“ – in die Semesterferien fällt.
Einig war man sich aber auch unter den einschlägig Erfahrenen, dass die Angebote der Universität Heidelberg und der Stadt für die studierenden Eltern viel besser seien als an anderen deutschen Universitäten. Das beginnt bei der Kinderbetreuung in Kinderkrippen (ab zwei Monaten) bis zu Ferienbetreuungsangeboten und dem „Backup-Service“. Das sei die „Feuerwehr, wenn alle Stricke reißen“. Eine flexible Notfallbetreuung im Kinderhaus der Uni für Kinder bis zu drei Jahren ist damit möglich. Aber das muss man eben erst einmal wissen.
Trotzdem ist der Club Parentes keine reine Begegnungsstätte, sondern es werden wichtige Themen ange- und besprochen. Dazu gibt es immer wieder Referenten, die über Auslandssemester, Studienunterbrechungen, Flexibilisierung von Prüfungen, finanzielle Unterstützung, wie etwa die Befreiung von Studiengebühren, oder familiengerechte Praktika informieren. Dass die besten Tipps von den Betroffenen selbst kommen, muss nicht extra erwähnt werden. Und genau dies macht den Club Parentes so besonders.
(Quelle: RNZ vom 20. Oktober 2009 von Heidemarie Winter-Lehming)